Warum austreten ?
Im Mai 2008 habe ich folgenden Artikel zu dem Thema verfaĂt, aber nicht veröffentlicht:
Seit ein paar Monaten mache ich mir Gedanken ĂŒber einen möglichen Kirchenaustritt.
FĂŒr mich ist dies keine spontane Entscheidung – „ach, ich trete mal aus der Kirche aus“. Der Grund „Geld sparen“ ist fĂŒr mich so ziemlich der schlechteste, der mir dazu einfĂ€llt. Sollte ich mich dann dazu entschlossen haben, aus der Amtskirche auszutreten, so wĂŒrde ich den Betrag, den ich derzeit an Kirchensteuer zahle, per festem Auftrag einer entsprechenden Organisation zukommen lassen.
Ich bin von Haus aus durchaus religiös erzogen. Nicht sonderlich streng, aber mir wurden entsprechende Werte vermittelt.
Wie komme ich nun ĂŒberhaupt dazu, mich mit dieser Frage zu beschĂ€ftigen ?
Sicherlich, weil ich viele Aspekte der katholischen Amstskirche einfach nicht mit meinem Leben vereinbaren kann und daher auch nicht unterstĂŒtzen will: das Zölibat, das Fernhalten der Frauen von den entscheidenden Ămtern, Vertuschung von Priesterkindern/sexuellem MiĂbrauch/Priesterlieben, Ablehnung der HomosexualitĂ€t, weitgehende Ablehnung von VerhĂŒtung, um die Dinge zu nennen, die mir spontan einfallen.
Allerdings anerkenne ich durchaus die karitative Rolle der Kirche. Weiterhin bin ich durchaus der Meinung, daĂ sie ein groĂes Gewicht unabhĂ€ngig von aller Weltmacht in der Weltpolitik spielt und dabei schon viel Gutes bewirkt hat.
Ich berufe mich nicht auf die historisch sicher sehr schlimmen Dinge, die im Namen der Kirche passiert sind. Solcherlei Dreck am Stecken haben genug andere Institutionen ebenfalls.
Ich bin ja auch ein Freund der Meinung: Verweigere Dich nicht einfach, sondern tu was, bewirke etwas. Diese Möglichkeit sehe ich allerdings innerhalb der Kath. Amstskirche fĂŒr mich ĂŒberhaupt nicht gegeben.
Ich war als Jugendliche in einer der kath. Kirche nahestehenden Gemeinschaft aktiv. Ich habe dabei viel Positives mitbekommen. Allerdings spiegelt dies fĂŒr mich nicht die Amtskirche wider.
Ich trenne hier fĂŒr mich eindeutig „Rom“ = Amtskirche, und das sog. Kirche von unten. Jedoch muĂ ich hierbei die Frage aufwerfen: auch Kirche von unten, also eher von der Amtskirche losgelöste Organisationen, werden wohl finanziell ĂŒber die Amtskirche unterstĂŒtzt (ich weiĂ dies aber nicht wirklich), also kĂ€me meine Steuer diesen zugute (zumindest teilweise).
Bei der BeschĂ€ftigung mit dem Thema habe ich fĂŒr mich festgestellt, daĂ ich eigentlich viel zu wenig ĂŒber die Kirche weiĂ, um die Aspekte, die mich beschĂ€ftigen, tatsĂ€chlich schlĂŒssig und auch wahrheitsgemÀà beantworten zu können.
Sicherlich ist die Hemmschwelle fĂŒr mich auch aus ErziehungsgrĂŒnden sehr hoch. Meine Eltern wĂŒrde ich als durchaus religiös bezeichnen, sie gehen öfter in den Gottesdienst, sind davon sehr ĂŒberzeugt, und es „gehört einfach dazu“. Sie sidn intellektuell und bildungstechnisch auf einem Niveau, welches ich wohl nie mehr erreichen werde, und können dies alles daher anders beurteilen als ich.
Eines ist fĂŒr mich klar: Glaube hat fĂŒr mich nichts mit Amtskirche zu tun, ein Kirchenaustritt bedeutet daher natĂŒrlich nicht, den eigenen Glauben aufzugeben. Aber er findet fĂŒr mich eher durch Meditationen, RĂ€ume der Stille und Ă€hnliches statt, als durch erzwungene Rituale der Amtskirche.
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Ich habe mir jetzt ĂŒber 1 Jahr Gedanken darĂŒber gemacht. Und mich dabei Schritt fĂŒr Schritt weiter von der Amtskirche entfernt. Seit Winter steht also der EntschluĂ fest, auszutreten. Und nĂ€chste Woche werden wir (R sieht das ebenso) das dann auch realisieren.
Zum Thema Kirchensteuer noch eine Zusatzinfo, die ich im Mai letzten Jahres noch nicht hatte: nach eigenen Aussagen der Kirchen flieĂt von der Kirchensteuer weniger als 20% wirklich in wohltĂ€tige Zwecke (und zwar sowohl bei der kat. Kirche als auch bei der ev. Kirche (im pdf: S. 62: Was wird aus 100⏠Kirchensteuer?)). Das Gros der Aufwendungen aus der K-Steuer sind Personalkosten. Davon werden wohl auch Personen in karitativen Einrichtungen bezahlt, aber das macht den Braten auch nicht mehr fett.
Damit ist also das Argument, wenigsten etwas karitatives damit zu unterstĂŒtzen, nahezu hinfĂ€llig (das war fĂŒr mich lange die Argumentation).
Ich werde das, was ich bisher an Kirchensteuer zahle, auch weiter „ausgeben“ in Form von Spenden. Aber ich werde mir selbst aussuchen, was ich unterstĂŒtzen möchte. Zb. ist mir Obdachlosenhilfe ein groĂes Anliegen.
Also wĂ€re ich katholisch – ich wĂŒrde sofort austreten. Aber das sehe ich als evangele vielleicht einfach anders.
Durch meine schwester, die ja aktiv mit kirche arbeitet, weiĂ ich, was alles von den steuern bezahlt wird. und auch, welch probleme sie gerade in kleinen gemeinden wie unserer haben wegen der ganzen austritte.
so haben wir sicher unsere pastoren verloren hier, weil so viele ausgetreten sind. schade. allerdings sollte auch deutlicher gemacht werden, wohin das geld alles flieĂt, finde ich.
ich hatte auch mal kurz darĂŒber nachgedacht, bevor ich das alles wusste.
Kurze ErgÀnzung zu meinem ersten Beitrag zu diesem Thema.
Ich war selbst 5 Jahre lang MeĂdiener und in der KJG engagiert.
Die Einblicke die ich damals in jungen Jahren gewonnen habe, haben dazu gefĂŒhrt an dem System Kirche zu zweifeln. Auch habe ich erlebt was mit jungen Kaplanen passiert die trotz Zölibats Vater wurden.
Meine Exfrau hat meinen Kirchenaustritt benutzt um mich meiner Mutter gegenĂŒber zu erpressen.
Diese(meine Mutter) ist in meinen Augen blind katholisch. Was aber widerum nichts mit Gottglauben zu tun hat.
Ich habe die katholische Kirche nicht nur die in Rom auch die vor Ort als einen verlogenen Haufen von Scheinheilgen kennengelernt.
Es ist genauso ein Verein wie andere auch wo es nur ums Vereinsmeiern und Machtpositionen geht. Unter dem DeckmÀntelchen von GlÀubigkeit.
Eines ist aber sicherlich herauszustellen. Die karitativen Einrichtungen wie Caritas oder die Diakonie. Die sind wichtig und unverzichtbar.
Ich glaube mittlerweile an keinen Gott mehr. Ich bin entÀuscht von der(den) Kirchen und finde es eine Nötigung wenn ein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt er soll ohne Partner und Sex den Rest seines Lebens leben.
Man könnte Stundenlang dazu weiter schreiben, aber ich lass es dabei bewenden. Die Kirche wie sie sich heute prĂ€sentiert ist es nicht Wert sich darĂŒber ernsthaft aufzuregen. Besser man ignoriert sie, auf die eine oder andere Weise.
Hierzu muĂ ich sagen, daĂ die Kirche es zwar immer wieder beklagt, daĂ immer mehr Menschen austreten, aber auch nicht wirklich etwas dagegen unternimmt. Wenn sich da nĂ€mlich etwas an den eingefahrenen und altmodischen Ansichten etwas Ă€ndern wĂŒrde, hĂ€tten sie auch nicht so viele Austritte zu beklagen. Ich meine, wieviele glĂ€ubige Christen sterben an Aids, weil der Papst gegen Kondome ist?
Hallo Paulaline,
ich versuche auch, zwischen "Rom" und der lokalen Ortskirche zu trennen. Ich selbst bin nun nicht in einer Gemeinde aktiv, und kann es mir derzeit auch fĂŒr mich nicht vorstellen. Aber das, was Du da schreibst, finde ich auch gut und wichtig und unterstĂŒtzenswert. Und es bleibt ja niemandem unbenommen, trotzdem der lokalen Gemeinde zu spenden, auch wenn er/sie aus der Kirche ausgetreten ist.
@KratzbĂŒrste
ja, sehe ich Ă€hnlich. Ich erwarte absolut nicht, daĂ die Kirche jeden Trend mitmacht, daĂ wĂ€re sicher nicht ihre Aufgabe. Aber so weltfremd, wie sie gerade im Bezug auf SexualitĂ€t agiert – das will ich nicht mehr mitfinanzieren. Und hier wĂŒrde ich auch deutlich mehr ModernitĂ€t erwarten.
Ich kann mir vorstellen, daĂ man die Worte dann auch wieder ernst nehmen wĂŒrde. Momentan aber kann man das ja gar nicht…
Ich selbst habe sowas nicht erlebt, war aber auch nie soo involviert in eine Kirchengemeinde. Aber kann das sehr gut nachvollziehen.
Ich werde das meinen Eltern auch nicht auf die Nase binden. Sollte es sich ergeben, werde ichs erzĂ€hlen, aber besser keine schlafenden Hunde wecken…