Männer: Wir haben abgetrieben
Interessanter Artikel im Zeit-Magazin:
Welche Rolle spielen Männer bei einem Schwangerschaftsabbruch? Ein Betroffener spricht über seine Seelenqualen, seine Hilflosigkeit und Wut.
Seit je gilt Abtreibung als Sache der Frauen – es ist ihr Kind, ihr Körper. Und schließlich haben sie sich dieses Recht in den siebziger Jahren gegen harten Widerstand erkämpft.
In den neunziger Jahren wurde das Gesetz reformiert. Seit 1995 können Frauen bis zur zwölften Woche abtreiben, ohne eine Notlage nachweisen zu müssen – solange sie sich vorher beraten lassen. Der Mann muss nicht gefragt werden. Welche Rolle spielt er? Und wie geht es ihm, wenn die Partnerin abtreibt?
(Quelle: zeit.de)
Schwieriges Thema! Ich selbst kenne es ja nur andersrum.
Er wollte das Kind nicht, ich eigentlich (vernunftsmäßig) auch nicht, war aber zu "schwach" es abzutreiben.
Diese zwei Wochen, die ich Zeit hatte, waren die Hölle. Das ist keine leichte Entscheidung, nichts, was mal eben und halbherzig gemacht wird!
In dem Artikel oben wird sie als sehr klat dargestellt, finde ich. Ich kann es so was von nachvollziehen, was die Frau mit- und durchgemacht hat. Er hingegen ist dermaßen egoistisch… meine Ehe hätte ein solches Verhalten nicht überlebt.
Ich denke, Männer machen sich keine Vorstellungen darum, wie es wirklich ist. Dann bekommen wir eben noch ein Kind, irgendwie wirds schon klappen. Klar. Irgendwie gehts immer, nur ist es die Frau, die auf der Strecke bleibt.
Jeder mann ist neidisch auf meine Mutterzeit zuhause. Dass ich dadurch am (bzw unterm) Existensminimum lebe – das ist irrelevant. Dass ich auch gern arbeiten würde, es über 2 Jahre nicht ausfüllend ist, nur über Babys zu reden den ganzen Tag, das kann sich keiner vorstellen. Wenn die dann mal von der Arbeit kommen, daddeln sie etwas mit dem Kind rum, bis es schlafen geht und finden das fair geteilt.
Und, btw, wenn die Beziehung auseinandergeht, ich möchte dann auch nicht mit 4 Kindern allein da stehen!
Hallo Paulaline,
vielen Dank für Deinen Beitrag.
Ich selbst kann (glücklicherweise) dazu nicht aus Erfahrung berichten. Ich hab das Thema so verstanden, daß es natürlich nicht darum geht, die Situation der Frau zu relativieren, sondern dazu auch die Lage für den Mann zu berücksichtigen.
Wenn man den Männdern nicht zugesteht, daß dies für sie ebenfalls eine absolute Grenzsituation ist, würde man ihnen ja auch absprechen, sich mit dem Kind zu identifizieren, also wirklich Vater zu sein (oder werden zu wollen).
In dem Artikel ändert der Mann ein paar Tage vor dem Eingriff seine Meinung und kommt zu der Erkenntnis, daß es eben nunmal die Frau ist, die direkt betroffen ist, und nicht er.
Ich denke, ihn hat verletzt, daß die Entscheidung über seinen Kopf hinweg getroffen wurde.
Ich glaube auch nicht, daß ich im Zweifelsfall gegen meinen Willen ein Kind bekommen würde, nur weil der Vater es möchte.
Ich denke aber auch nicht, daß das das Ziel des Artikels ist. Sondern eher, die Männer bei dem Prozeß einfach mitzunehmen, nicht mit der Situation völlig alleine zu lassen.
Derzeit unterstützt man eigentlich ja gerade daß, was man ihnen oft vorwirft: alles der Frau zu überlassen, und sich emotional nicht zu engagieren.
Ich weiß nicht, wie sich Männer generell fühlen, aber ich weiß, wie sich einige (vielleicht sogar wenige) Männer fühlen:
SCHEISSE!
Machtlos, ohnmächtig, abgrundtief getroffen…..die nichts dagegen tun können, dass die Frau das Kind nicht will…..die fast daran zerbrechen, die sich das Kind wünschen und einfach nicht verstehen, dass die Frau es ablehnt…ablehnt, das Kind zu bekommen und zusammen mit dem Mann eine richtige Familie zu sein.
Die ihrer Partnerin trotzdem beistehen, obwohl sie selbst innerlich total verlassen und zerbrochen sind.
Ja, es gibt Männer, die daran zerbrechen.
Vor allem, wenn das vielleicht mehr als einmal im Leben passiert ist.
Die dann denken, dass sie es nicht "verdient" haben, Vater zu werden, dass es nicht sein soll. Nicht verdient haben / ihnen nicht vorherbestimmt ist, eine normale Beziehung und Familie zu haben.
Die aber so gehofft haben, einmal eine Familie zu haben…..
Männer, die jeglichen Glauben daran verlieren. Die so verzweifelt sind. So innerlich verletzt.
Die nie wieder im Leben diese Qual ertragen könnten und sich deswegen zu einem unkorrigierbarem Schritt in ein kinderloses Leben entscheiden.
Ja, diese Männer gibt es.
Und jetzt geh ich ne Runde heulen.
@Leslie:
Ups. Jetzt hab ich das Gefühl, da ne ganz schöne Wunde aufgemacht zu haben bei Dir.
Danke für Deinen Beitrag, denn das stellt auch nochmal die oft vergessene Sicht der Männer dar.
Ich hoffe, es geht Dir wieder gut.
Ich hoffe, es passiert nie, aber bei R und mir könnte das auch schwierig werden. R hätte unheimlich gerne Kinder, akzeptiert aber soweit, daß ich (bisher) keine möchte. Sollte ich aber ungewollt schwanger werden – was dann ? Ob ich das dann haben möchte ? Keine Ahnung, kann ich so aus der Theorie heraus nicht sagen, mein Gefühl tendiert eher zu nein. Aber R würde es ganz sicher gerne bekommen. Toi toi toi, daß wir uns einer solchen Frage nicht mal stellen müssen.
Ja, geht schon wieder……trotzdem schwer….
Und jetzt spinn Dein Szenario mal weiter…..
Stell Dir vor, R. hätte vor Dir längere Zeit eine Freundin gehabt, die zuerst ungewollt schwanger geworden wäre und danach gewollt….beide male hätte er sich sehr über die Schwangerschaften gefreut. Und beide Male wäre es nichts geworden, das Kind hätte sie verloren.
Beim dritten mal schwanger sein, was eigentlich beide wollten also es nochmal versuchen – die Beziehung wäre schon genug belastet gewesen aber R. hätte sich trotzdem total gefreut – hätte sie dann das Kind abgetrieben, obwohl es eigentlich gewollt war, ursprünglich.
Dreimal wäre er fast Vater geworden, was er sich so gewünscht hätte….. die Beziehung war dann vorbei.
Danach lernt er eine andere Frau kennen….die will aber kein Kind von R.
Wegen seiner Liebe für Sie verzichtet er schweren Herzens auf seinen Kinderwunsch.
Die beiden sind auch relativ lange zusammen…..dann verliebt sie sich in nen anderen, verlässt R. von heut auf morgen und ist zwei Monate später von dem anderen gewollt schwanger.
Welch Schlag ins Gesicht.
Dann lernt er Dich kennen und lieben, was ihm eh schon schwer genug gefallen ist, sich wieder auf eine neue ernste Beziehung einzulassen…..Du wirst schwanger, er freut sich wie Bolle aber Du willst das Kind nicht und entscheidest Dich für einen Abbruch.
Was glaubst Du, wie es dann in so einem Mann aussieht?
Was ist seine logische Schlussfolgerung?
Mit ihm will keine Frau Kinder. Es soll nicht sein. Und er will auch nie wieder Gefahr laufen, auch nur die leiseste Hoffnung zu haben, doch Vater zu werden, weil er das nicht nochmal ertragen könnte….
Ich weiß, wie es in so einem Mann ausschaut – leider.
Und es tut weh, sich in so einen Mann hineinzuversetzen und seinen Schmerz zu spüren.
Also, das ist jetzt vielleicht ein extremer Einzelfall, der aber real ist. Eigentlich ist der Fall sogar noch schlimmer….
Aber das Thema kam auf einmal aufgrund des Beitrags wieder ganz ganz stark in mir hoch.
Und hat mich traurig gemacht.
So ungefähr hatte ich es mir zusammengereimt…
Das ist allerdings megahart. Und etwas, das man wohl nie vergessen kann, wo man nie wirklich ganz drüber hinwegkommt.
Als Mann ist man da absolut machtlos, man ist zu 100% angewiesen auf die Frau, sie hat die totale Macht in dem Thema.
Tut mir echt leid, daß Dich das so traurig gemacht hat. Ich hatte mich vorher noch nie mit der Seite des Themas beschäftigt, war ja auch nie ein Anlaß gewesen. Bis ich das dann eben letzt gelesen hab.
Jahrelang haben hier Männer den Frauen diktiert, wie es zu sein hat (Abtreibung nur in engst begrenzten Fällen), und nun, nachdem es im Prinzip völlig eine Sache der Frau geworden ist, wurden die Männer vergessen.
Nichtsdestotrotz bin ich froh um die Liberalisierungen zu dem Thema, die Entstigmatisierung. Allerdings sollte man dabei nie vergessen, daß es um werdendes Leben geht, und nicht leichtfertig damit umgehen.