Getrennt-Geschlechtlich
Bin hierdurch auf das Thema gekommen…. so ist das immer, vom Hölzchen aufs Stöckchen 🙂
Als 5.-Klässlerin wollte ich auf gar keinen Fall auf das reine Mädchengymnasium, meine Eltern haben mich dazu genötigt, denn es ist die Alma Mater meiner Mama. Ich wollte natürlich auf die weiterführende Schule, auf die meine Grundschul-Freunde:innen gehen. Und das war nicht das Mädchengymnasium.
Gut, ich lebte mich recht schnell ein, fand natürlich neue Freundinnen – und es dauerte sicher nicht allzulange, bis ich mich wohlfühlte.
Dazu beigetragen hat ab der Mittelstufe sicherlich auch das Jungengymnasium in direkter Nachbarschaft 🙂 Die Oberstufen beider Schulen teilten sich einen Platz als gemeinsamen Pausenhof. Wir waren also alles andere als „gut behütet“. Ab 14, 15 war ich in einer Clique, die sich aus Mitschülerinnen und Jungs des Nachbargymnasiums zusammensetzte. Es gab auch gemeinsame AGs beider Schulen, z.B. die Video-AG, in der ich war.
Ich kann es natürlich nicht beweisen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht mit dieser Selbstverständlichkeit, mit der ich es auf meinem Gymnsaium tat, meine Leistungskurse gewählt hätte: Physik, Mathematik und Englisch (in Rheinland-Pfalz hat man 3 LKs, das ist die sog. MSS – Mainzer Studienstufe, an deren Entstehung hat übrigens mein Vater mitgewirkt). Außerdem war ich bei allem vorne dabei, in dem es um Technik ging. Ich war sogar in der Theater-AG – am Beleuchtungsmischpult 🙂 auf die Bühne hätten mich keine 10 Pferde bekommen…
Es ist nachgewiesen, dass Mädchen deutlich öfter MINT-Fächer wählen oder sich in entsprechenden AGs betätigen, wenn sie nicht direkt mit Jungs im Wettbewerb stehen und von diesen ausgelacht werden, wenn mal etwas nicht klappt.
Mein Vater war Mathematik- und Physiklehrer an einem normalen staatlichen Gymnasium. Er gab vorwiegend Leistungskurse in der Oberstufe. Er hatte mal 1, 2 Mädchen im Physik-LK, in Mathe waren es ein paar mehr.
Wir waren 12 Frauen in Physik und hatten (ich meine) 4 komplett gefüllte Mathe-LKs! Auf einer gemischten Schule unvorstellbar. Und wer jetzt meint: naja, das Niveau wird sicher entsprechend niedrig gewesen sein – garantiert nicht! Wieso auch? Sind Frauen zu blöd für MINT? Never ever!
Ich bin nach wie vor Verfechterin dieser Schulart. Leider ist meine ehemalige Schule mitlerweile ein ganz normales Gymnasium für Mädchen und Jungs. Sehr schade.
Als Gegenargument kam oft: dann lernen die Mädchen ja gar nicht, sich mit den Jungs auseinanderzusetzen, sie wachsen ja in völlig geschütztem Raum auf. Letzteres sowieso nicht, schließlich war das ja kein Mädcheninternat. Und ersteres: dadurch haben Mädchen die Chance, sich mit Themen zu beschäftigen, die sie sich im gemischten Umfeld überhaupt nicht zutrauen würden, und in Ruhe darin Fuß zu fassen.
Ich habe ein anderes Schulsystem zu DDR-Zeiten erlebt. Damals wurde 10 Jahre zusammen an der POS (Polytechnische Oberschule) gelernt. Der Schwerpunkt lag mehr im naturwissenschaftlichen Bereich aus meiner Sicht (mal abgesehen von solchen Fächern wie Staatsbürgerkunde etc,). In meiner Schulzeit an der POS hatten wir einen Mädchenüberschuss in der Klasse und die Mädchen waren die Leistungsstarken. Aber auch unter anderer Aufteilung hätte es da keinen Unterschied bei der Leistung in den MINT-Fächern gegeben. Gleichberechtigung in der DDR war zwar teilweise eine Farce, aber Emanzipation war trotzdem selbstverständlich. Dieses Selbstverständnis wird aber sicher nicht durch geschützte Räume gefördert. Es muss aktiv in allen Bereichen eingefordert werden, wenn es nicht vorhanden ist. Keine Nischen, sondern alles!
Ein Einfordern von Gleichberechtigung ist immer notwendig, egal wo, dem stimme ich absolut zu.
Zum Schulsystem und zur Emanzipation in der DDR kann ich als „Wessi“ nichts sagen.