Auf der Arbeit

Geile Zeit

Ende der 90er, da war ich also ca. 27, habe ich ein recht grosses Projekt bei IBM geleitet. Wir haben fĂŒr einen Kunden die PCs plus jeweils zugehörigem Server in unserem Configuration Center vorbereitet, sprich die HW konfektioniert, die Software weitgehend automatisiert installiert und alles weitgehend fertig konfiguriert. Meist bestand das aus 1 Server plus 5-10 PCs. Die Rechner wurden auf LKWs verladen, zur jeweiligen Filiale des Kunden transportiert, und nach deren Dienstschluss dort aufgestellt und final eingerichtet.

Das Projekt lief ĂŒber insgesamt fast 2 Jahre. Unser Config Center war bei IBM in Böblingen, der Kunde in Hannover, seine Filialen bundesweit.
Wir arbeiteten zusÀtzlich mit einem Subdienstleister zusammen, ich weiss gar nicht mehr, so genau, was deren Job war. Ich glaube, sie haben vor Ort die Rechner aufgebaut.

Das fehlende Kabel

Mein Handy damals: Panasonic GD90

Was ich eigentlich erzĂ€hlen wollte: ich erinnere mich u.a. an einen Abend, als ich vor Ort beim Kunden in Hannover war. Ich war mit meinen Teilprojektleitern Essen. Plötzlich klingelt mein Handy (das war damals noch nicht so normal wie heute…).

Dran war das Team, das gerade vor Ort eine Filiale am installieren war. Es fehlte ein wichtiges Kabel, ich meine mich zu erinnern fĂŒr den Anschluss an den Glasfaser-Backbone. Also nichts, was man in jedem Laden bekommt.

Scheisse.

Ich organisierte also per Handy vom Restaurant aus, dass im Config Center ein Mitarbeiter das Kabel bereithÀlt, und ein Kurier es dort abholt und schnellstens zur Kundenfiliale bringt.

Es hat geklappt, die Installation konnte erfolgreich abgeschlossen werden.

Das waren ziemlich geile Zeiten! Stressig, mit viel Verantwortung und teilweise schwierigen VerhandlungsgesprÀchen. Aber auch mit tollen Parties und einem super Projektteam. Beim Projektabschluss gab es deutlich lobende Worte vom Kundenprojektleiter an mich. Da war ich mega stolz.

Logistik

Was mir an dem und Ă€hnlichen Projekten besonders gut gefallen hat, war die Planung der Logistik. Ich plante in Abstimmung mit dem Kunden die Installationsreihenfolge der Filialen und musste dabei natĂŒrlich die KapazitĂ€t der Teams und auch der LKWs berĂŒcksichtigen. Daraus leitete sich dann ab, wann wir im Config Center die Rechner vorbereiten mussten. Das ganze managte ich mit einer Excel-Tabelle, die am Ende ausgedruckt (den Spaß machten wir uns) fast eine ganze Wand einnahm, mehrere qm.

FĂŒr einen internationalen Kunden waren sogar Luftfracht und Vorlauf fĂŒr ZollformalitĂ€ten zu organisieren, ganz davon abgesehen, dass wir international konfektionieren mussten: Also nach Frankreich Tastaturen mit französischem Layout, nach UK KaltgerĂ€tekabel mit entsprechendem Stecker usw. Dazu mussten wir uns auch im Config Center sinnvolle Prozesse und Lagerung der Artikel ĂŒberlegen, damit das möglichst smooth und so fehlerfrei wie möglich ablief. Sehr spannend!

3-Wetter-Taft-Alex

In der Zeit des o.g. Projektes bin ich oft morgens mit dem Zug nach Böblingen gefahren, und gegen Abend mit dem Flieger dann nach Hannover gejettet. Oder auch ab und an Morgens mit dem sog. „Business Bomber“ von FRA nach Hannover, ich meine, der startet so gegen 7 Uhr…. Ein Flieger voller Typen im Anzug, mal mehr, mal weniger angenehm, ein paar Frauen waren ebenfalls darunter. Hab da ganz gut reingepaßt, Handy am Ohr, Laptop dabei, im Business Outfit (kein KostĂŒm, da bin ich nicht der Typ dafĂŒr, sondern im Anzug).

Meine Kollegen gaben mir den Spritznamen „3-Wetter-Taft-Alex“ in Anlehnung an eine Werbung aus damaliger Zeit von 3-Wetter-Taft (einem Haarspray), die so ungefĂ€hr ging: „10 Uhr – London – Regen – die Frisur sitzt.“ – „14 Uhr – die Sonne brennt – perfekter Schutz“ usw. 🙂

FĂŒr ein anderes derartiges Projekt war ich öfter beim Kunden in Hamburg. Wir stiegen im legendĂ€ren Hotel Atlantic ab (damals noch ein Kempinski, mittlerweile Mariott), das hatte schon was… Beim FrĂŒhstĂŒck traf man oft auf Kollegen, die auf Grund anderer Projekte gerade dort weilten. Das war immer nett.

Bei einer IT-Unternehmensberatung zu arbeiten, wenn man jung und ungebunden ist, ist eindeutig ziemlich geil. Ja, die Reiserei ist auf Dauer stressig, und es wird viel von einem verlangt. Aber man lernt unglaublich viel, kommt in Kontakt mit sehr vielen unterschiedlichen Menschen, feiert ziemlich coole Parties, geht auch mal mitten am Vormittag mit Kollegen Badminton spielen… So ein bißchen vermisse ich die Zeit.

Man kann recht eigenverantwortlich handeln, ist irgendwie auch ein stĂŒckweit unabhĂ€ngig. Und, was fĂŒr mich immer wahnsinnig wichtig war: man ist nicht in die interne Politik des Kunden involviert, sondern kann sich ganz entspannt zurĂŒcklehnen: regelt ihr mal Euren internen Scheiss, dann machen wir weiter.