Beratungsresistent?
Seit Herbst verganen Jahres haben wir einen neuen Kollegen. Er ist in meinem Team, und auch hauptamtlich in einem meiner Projekte. Er hat aus seiner Vergangenheit durchaus Ahnung und Erfahrung mit dem Thema Configuration Management.
Aber:
Entweder hört er nicht richtig zu, oder er kann gehörte Informationen nicht zeitnah verarbeiten. Ich hatte es jedenfalls schon ein paar mal, dass in einer Diskussion mehrere Leute versucht haben, ihm eine Sache zu erlÀutern, und er 15 Minuten spÀter wieder so redete, als wenn wir nie was gesagt hÀtten.
Weiteres Beispiel:
Er und ich hatten nach seinem Start einen lĂ€ngeren Termin, in dem ich ihm viel ĂŒber das Umfeld und die AbhĂ€ngigkeiten unseres Projektes erzĂ€hlt habe. Wir haben ausfĂŒhrlich darĂŒber diskutiert und ich empfand den Termin als durchaus positiv. Der zugrundeliegende Foliensatz mit den Infos zum Nachlesen lag ihm natĂŒrlich auch vor. In GesprĂ€chen und Terminen danach argumentierte er zig mal auf eine Art, die zeigte, dass er höchstens die HĂ€lfte von dem, was wir besprochen hatten, verstanden/ angenommen/ mitgenommen hatte und entscheidende Punkte einfach ignorierte. Auch mein „Lieblingskollege“ hat sich mega darĂŒber geĂ€rgert.
Argh.
But Why?
Ich habe noch nicht herausgefunden, ob es daran liegt, dass er einfach nicht zuhört, oder ob er nicht in der Lage ist, seine Meinung kurzfristig an neue Infos anzupassen, sprich einfach keine rasche Auffassungsgabe hat. Gegen letzteres spricht jedoch, dass das selbst nach widerholtem ErklĂ€ren manchmal nicht fruchten will….
Vielleicht liegen auch ganz andere GrĂŒnde darunter, Erfahrungen von frĂŒher beispielsweise. Dann wĂ€re es eher ein Kommunikationsthema.
Wenn ich mich daran zurĂŒck erinnere, als ich neu in dem Laden war: ich habe mich zu Beginn erst mal zurĂŒckgehalten und versucht, zu lernen und aufzunehmen. Irgendwann habe ich dann angefangen, Dinge zu hinterfragen. Und bin mit meiner damaligen Kollegin gehörig aneinandergerasselt, die offensichtlich keine Meinung neben sich akzeptieren konnte – so möchte ich allerdings nicht sein… Aber die Situation ist hier IMHO auch eine andere.
Blablabla
Eine weitere Eigenschaft: er redet gerne. Und er „ĂŒberredet“ einen, unterbricht, und lĂ€sst andere manchmal kaum zu Wort kommen. Damit hat er mich die letzten Tage wahnsinnig gemacht.
In Online-Besprechungen ist das noch schwieriger als offline. Ich kann noch weniger signalisieren, dass ich etwas sagen möchte. Ich kann mich quasi nur mittels LautstÀrke durchsetzen, was ich Àtzend finde.
Was ich durchaus mache, wenn er wieder einfach ĂŒber mich „drĂŒberredet“: ich spreche einfach weiter (so gut es geht, ruhig), bis er es endlich kapiert, dass ich am Reden bin und nicht er.
Ătzend!!! Mich regt das so auf!
Wenn das weiterhin so massiv bleibt, muss ich mit ihm dazu mal ein Wörtchen reden. Selbst wenn ihm das nicht bewusst sein sollte, entschuldigt es das nicht.
Und dann kam einer…
An anderer Stelle wiederum hilft sein (noch) unverstellter Blick, und er tut manches einfach, wo ich mich dann frage: ja, wieso haben wir das nicht schon lÀngst so getan? Getreu dem schönen alten Spruch:
Und da merke ich dann, wie eingefahren ich an manchen Stellen doch schon bin đ Tja, 6 Jahre hinterlassen ihre Spuren.
Es gibt noch eine Variante, die zwar fĂŒr dich nicht besser ist, aber die eben auch in Betracht kommt. Die Person hat ggf. ein Problem mit dem KurzzeitgedĂ€chtnis?
Ich kenne das von einem Bekannten. Nach seinem zweiten Schlaganfall, den er Ă€uĂerlich gut weg gesteckt hat, kannst du mit ihm zwar ĂŒber alles reden und erklĂ€ren, er ist dann auch voll dabei – kurz darauf fragst du dich dann allerdings ob du mit ihm schon darĂŒber gesprochen hast, weil er alles vergessen hat – und man fĂ€ngt wieder bei null an. Alles was im LangzeitgedĂ€chtnis war, ist noch vorhanden, aber seit ĂŒber 15 Jahren speichert er sozusagen nichts mehr ab. Festplatte ist voll und der Arbeitsspeicher ist halt flĂŒchtig. Schwierig fĂŒr das Umfeld, ihm macht es nichts aus, er hat allerdings auch einen Job, bei dem er nicht wirklich neudenken braucht und die Routinen hat er nach mittlerweile 10 Jahren mehr oder minder drauf.
Nur so als Ansatz
Hi Juna! Das ist ja wirklich krass, was Deinem Bekannten widerfahren ist. Auch wenn es ihm nichts ausmacht, stelle ich es mir dennoch echt nicht einfach vor, damit zu leben.
So krass ist es bei o.g. Kollegen zum GlĂŒck aber nicht.
Mir ist aber auch noch eine Möglichkeit eingefallen: er akzeptiert schlicht die andere Meinung nicht. Er will gar nicht von seiner Ansicht abrĂŒcken. Und ich habe derzeit den Eindruck, dass trifft es am ehesten.
Da ist jedenfalls noch eine Menge Storming & Norming notwendig!
Der hat kein „KurzzeitgedĂ€chtnis“ *g, sondern das ist ganz offensichtlich reinrassiges toxisches mĂ€nnliches Verhalten. Wenn jemand nicht zuhört, anderen ins Wort fĂ€llt, stĂ€ndig unterbricht und nicht teamorientiert ist, und du bist sein Teamlead (oder mehr), dann musst du diese Person konfrontieren und diese Attribute ernsthaft diskutieren. Ernsthaft heiĂt, dass du ihm klar machst, dass du ein solches Verhalten nicht (mehr) duldest und dass es Konsequenzen hat, wenn er das nicht abstellt. Nach meiner Erfahrung können solche Typen (und die können durchaus auch mal weiblich sein) die LeistungsfĂ€higkeit ganzer Teams, Bonding und Output, deutlich mindern oder beschĂ€digen.
Wenn du selbst nicht die direkte FĂŒhrungsautoritĂ€t hast oder das nicht willst, solltest du das Thema mit deinem Chef/deiner Chefin diskutieren und seinen/ihren Rat einholen. Aber lass es nicht schleifen, denn die Issues werden gröĂer werden!
Hi Neon,
ich bin ihm nicht „vorgesetzt“, sondern wir sind beide Teammitglieder. Insofern muss ich das Thema zum GlĂŒck nicht wirklich lösen, nur sein Verhalten in Bezug auf mich.
Und das ist glĂŒcklicherweise mitlerweile etas besser geworden, er merkt nun meistens, wenn er mir ins Wort fĂ€llt und ist dann auch still. Hat aber auch ein paar deutlicher Worte meinerseits bedurft….
IMHO ist unser Team-Problem, dass die Stormingphase, die immer stattfindet, wenn jemand neues in ein Team reinkommt, online nicht wirklich effizient ablaufen kann. Da fehlt einfach das physische Treffen und miteinander Arbeiten.
Aber ich sehe inzwischen (wie gesagt) Tendenzen zum Besseren, und hoffe daher, dass wir alle uns noch zusammen raufen werden.
Prinzipiell bin ich völlig Deiner Meinung, sowas muss klar adressiert werden. Ich habe das auch bereits ein paar Mal mit meiner Cheffin=Projektleiterin besprochen, wir haben ja eh einen sehr guten Draht zueinander.